Warum ist „Du Bauer“ eigentlich eine Beleidigung? Fragen an die Sprachwissenschaftlerin Gabriele Rodriguez.
Vor einigen Jahren kam ein junger Mann vor Gericht, weil er einen Polizisten „Bauer“ genannt hat. Das Verfahren wurde zwar eingestellt – aber warum gilt das Wort eigentlich als Beleidigung?
Dazu muss man weit zurückschauen: Schon im 12. Jahrhundert stand das Wort „bäuerisch“ für unfein, grobschlächtig, derb. Die Städter und Adligen wollten sich damit von der ländlichen Bevölkerung abgrenzen. Denn auf dem Land lebten die sogenannten einfachen, rohen Menschen.
Und das hat sich bis heute gehalten?
Ja! In der Stadt hält sich bis heute das Vorurteil, dass die ländliche Bevölkerung nicht so schlau ist. „Bauer“ ist in gewisser Weise ein Synonym für „Dorftrottel“.
Mit dem eigentlichen Beruf ist die Beleidigung also gar nicht assoziiert?
Nein, „Du Bäuerin“ ist ja auch keine Beleidigung. Aber wissen Sie, ich glaube „Bauer“ als Beleidigung ist sowieso am Aussterben – in den letzten Jahren hat sich das eher in Richtung Vornamen verschoben: „Du Horst“, zum Beispiel.
Horst? Das ist dochmal ein typischer Bauern-Name!
Den Horst gab’s auch schon immer in der Stadt. Aber es gibt ja noch andere Namen, die zu Beleidigungen wurden. „Heini“ zum Beispiel: Das kommt von Heinrich, so hießen viele Fürsten.
Was müsste denn passieren, damit „Bauer“ keine Beleidigung mehr ist?
Es ist schwierig, negative Konnotationen von Wörtern loszulösen. Das dauert sehr lange. Vielleicht ginge das aber über eine Person, die mit Nachnamen Bauer heißt. Wenn die dann etwas Großes leistet, vielleicht etwas entdeckt und so berühmt wird, dass man irgendwann von einem „Bauer-Effekt“ spricht, könnte es klappen. So unwahrscheinlich ist das übrigens nicht, immerhin steht Bauer auf Platz 13 der häufigsten Nachnamen in Deutschland.
Gabriele Rodriguez ist Philologin und arbeitet an der Universität Leipzig, wo sie zu der Geschichte von Namen forscht. 2017 erschien ihr Buch „Namen machen Leute. Wie Vornamen unser Leben beeinflussen“ im Komplett-Media Verlag München.