Fotograf und Denkmalpfleger Fridtjof Florian Dossin hat verlassene Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) besucht. Er fand „Architektur gewordene Landwirtschaft“ im Arbeiter- und Bauernstaat.
Was für eine Rolle spielten LPGs in der DDR?
Landwirtschaft in der DDR hat verschiedene Phasen durchlaufen, die durch ein politisches Konzept motiviert waren. Nach dem Krieg begann es damit, dass Großbäuer*innen enteignet wurden und sogenannte Neubauernhöfe entstanden. Die haben aber nicht gut funktioniert, weil da viele Leute ohne landwirtschaftliches Wissen gearbeitet haben. Deshalb hat man später angefangen diese Grundstücke wieder zu kollektivieren und die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften gegründet. Um sie effektiver zu gestalten, wurde dann in den 1960ern landwirtschaftliche Struktur und Produktion industrialisiert. Die Produktionsstätten auf den Bildern zeugen davon und mit diesen Gebäuden manifestiert sich auch der Niedergang der Bauernschaft.
Welche Bedeutung hatten Bäuer*innen in der DDR?
Die DDR sah sich selbst als Bauern- und Agrarstaat. Es wurde versucht den ländlichen Raum der Bäuer*innen den städtischen Verhältnissen der Arbeiter*innen anzupassen und Landwirtschaft zu professionalisieren. Bäuer*innen mit eigenem Bauernhof verschwanden und wurden durch technisch ausgebildete Landarbeiter*innen ersetzt. Für diese wurden ländliche Siedlungszentren oder auch „Agrostädte“ gebaut.
Was ist das Besondere an den LPGs, die Sie fotografiert haben?
Besonders ist, dass sie leer stehen und deshalb noch in ihrer ursprünglichen Form erhalten sind. Viele andere Anlagen sind bis heute in Betrieb. Die Silos sind Sinnbild einer industrialisierten Landwirtschaft. Sie sind sehr hoch und von weitem zu sehen und prägen damit ein neues Landschaftsbild.
Warum sind die LPGs auch heute noch interessant?
LPGs könnten „Dark Heritage“ sein. Also dunkles Erbe, was in der Denkmalpflege als unbequem gilt. Gerade deshalb sollte man es erhalten. Die LPGs finde ich dystopisch, weil dort Tiere industrialisiert worden sind. Das gibt es bis heute. In der DDR gab es dafür starke architektonische Ausdrücke, die sagen: Wir industrialisieren alles, sogar das Leben.
Woher kommt Ihre Faszination für LPGs?
Für mich sind sie spannend, weil sie Grenzbereiche in der Denkmalpflege sind. Ich finde wir sollten Beispiele erhalten, um zu zeigen, wie das mal war. Aber es stellt sich die Frage, wie wir daraus Geschichte machen wollen, wenn sie gar nicht abgeschlossen ist: Die industrialisierte Tierhaltung gibt es noch immer.
Fridtjof Florian Dossin fotografierte für uns eine LPG in Polenz bei Dresden und eine in Granschütz in Sachsen-Anhalt.